
P. Hermanns Abschied von Mistelbach
Vor 98 Jahre hatten die Salvatorianer die Leitung der Pfarre Mistelbach übernommen; 25 Jahre davon waren von P. Hermann Jedinger begleitet. Am 15. August 2021 nahmen die Mistelbacher in einer Festmesse, die von Weihbischof Stephan Turnovsky geleitet wurde, Abschied von ihrem beliebten Pfarrer.
Weihbischof Stephan Turnovsky. (c) Pfarre Mistelbach
In seiner Dankgottesdienst-Ansprache sagte Provinzial P. Josef Wonisch, dass sich "bei mir als Verantwortlicher der Salvatorianer im Zurückdenken große Dankbarkeit, ja auch Freude eingestellt hat." Die Patres hätten "ein Stück Heimat geschenkt bekommen – das ist christliche Gemeinde."
Provinzial P. Josef Wonisch. (c) Pfarre Mistelbach
98 Jahre Salvatorianer-Präsenz
Auf die Frage, was nach 98 Jahren der Präsenz der Salvatorianer bleibe, hatte Provinzial Wonisch eine klare Antwort: "Gott bleibt - ER gibt uns nicht auf und geht nicht mit dem Pfarrer weg. Gott bleibt immer präsent, das ist seine Verheißung, sein Name".
Weihbischof Stephan Turnovsky und P. Hermann Jedinger SDS. (c) Pfarre Mistelbach
Und es bleiben "viele dankbare Begegnungen und Erinnerungen an P. Hermann, P. Markus, P. Reinhard, P. Albert, Br. Leonhard, und einzelne Mitbrüder, die hier gelebt und gewirkt haben, wie P. Martin Bauer, P. Franz Seifert, Br. Julian … Es bleiben gemeinsame Geschichten, ein salvatorianischer Geist, wie er mit den vielen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und Mitarbeitern und ChristInnen hier Kirche gebildet hat. ‚Kirche sein bedeutet Raum sein für Gottes Wirken in der Welt'."
Zwei Bilder
Als sichtbare Erinnerung wurden zwei Bilder in der Kirche aufgestellt, die an den Salvatorianischen Geist erinnern sollen:
* Das Porträt von P. Titus Helde, der hier im Schatten der Apsis begraben ist und der sein junges Leben (knapp 40 Jahre alt) für seine Mitmenschen in der Pfarre Mistelbach hingegeben hat. P. Titus wurde am 21. April 1945 von russischen Soldaten im Kolleg erschossen, als er sich schützend vor Frauen und Mädchen stellte, die sich dort versteckt hielten. Provinzial Wonisch: "P. Titus will nicht als Held verehrt werden, er ist ein Zeuge für die Würde und Schönheit des Lebens. Und er steht für alle, die gelungene Beispiele christlicher Überzeugungskraft auf ihre je eigene Weise waren. Sie sollen, ja sie dürfen nicht vergessen werden, sondern mögen wieder entdeckt und dem Volk Gottes als krisenfeste Mutmacher inspirierend vor Augen gestellt werden."
* Das zweite Bild zeigt den Ordensgründer P. Franziskus Jordan, der am 15. Mai 2021 in Rom seliggesprochen wurde. Er bleibt mit seiner Inspiration und als Fürbitter auch in Mistelbach. "Die Vision des seligen Franziskus Jordan hat wesentlich auch die Mitbrüder hier in Mistelbach erfüllt. Sie haben ihre Lebenskraft, ihre Talente und Kreativität und ihre Zeit den Menschen zur Verfügung gestellt und sind mit großer Leidenschaft mit und für die Menschen heilsam dagewesen so gut sie es konnten", so Provinzial P. Josef Wonisch. Und er fügte hinzu: "Wie z.B. in den letzten 25 Jahren P. Hermann Jedinger als 8. Pfarrer, sechs Jahre davon zudem auch als Provinzial!"
Seelsorger mit Leib und Seele
Für den scheidenden Pfarrer P. Hermann fand sein Provinzial sehr treffende Worte: "Hermann, Du bist ein sehr menschlicher, pastoral Denkender und handelnder Seelsorger mit Leib und Seele, ein Begleiter und Leiter auf Augenhöhe, ein Mann der kritischen Auseinandersetzung, des Dialoges und Weite auch mit den anderen Kirchen, mit der Stadtgemeinde, mit der Kunst und Kultur. Du kennst keinen Standesdünkel und hast keine Berührungsängste. Du hast dich prägen lassen vom Wirken des Hl. Geistes im II. Vatikanischen Konzils, von der Kirche als Volk Gottes unterwegs, in der alle Getauften ihre Berufung und Sendung haben. Das war ja schon das zentrales Herzensanliegen unseres seligen Gründers. Ich bin sehr stolz auf dich, lieber Hermann, und auf all die Mitbrüder, die hier gewirkt haben."
(c) Pfarre Mistelbach
Alles, was in den vergangenen Jahren hier in Mistelbach in Liebe einander Gutes getan worden ist, das wird weiter fruchtbar werden. "In diesem Sinne wünsche ich euch als Pfarrgemeinde mit der neuen Leitung von Herzen wie in der Mailbox von P. Hermann zu hören: „Pfiat Gott dann“ - Behütet einander und behüte euch Gott!".
Bürgermeister Erich Stubenvoll: P. Hermann zeichnete Bescheidenheit, Uneitelkeit und Menschlichkeit aus
In seiner Abschiedrede erinnterte Bürgermeister Erich Stubenvoll, selbst Ministrant und Ministranten-Betreuer in Lanzendorf, daran, dass seit dem Wirken von Pater Hermann in Mistelbach wichtige Projekte umgesetzt wurden. "Ich denke an das Pater Jordan-Haus, den Orgelneubau, die Renovierung und Neubelebung pfarrlicher Gebäude und Gotteshäuser - erwähnen darf ich hier die Kirchen Maria Rast und Hüttendorf, das Benefiziatenhaus in der Barnabitenstraße oder das Gwölb im Pfarrzentrum. Nicht zu vergessen auf die umfangreiche Renovierung und zeitgemäße Neugestaltung des „ Wahrzeichens der Stadt", der Stadtpfarrkirche, inkl. Gestaltung des gesamten Kirchenvorplatzes sowie des damit verbundenen jüngsten Projektes, der Fertigstellung der Verabschiedungshalle, als letzten Teil eines sinnvollen Ganzen!"
Bürgermeister Erich Stubenvoll. (c) Pfarre Mistelbach
P. Hermann selbst wird in Erinnerung bleiben durch seine Dialogbereitschaft, Aufgeschlossenheit und liberalen Einstellung, die neue Wege in der Seelsorge und der Betreuung der Menschen zuließ. Legendär waren auch seine Predigten und seine Diskussionen auf Facebook mit Menschen, die rassistisch oder menschenverachtende Postings abgegeben haben. Stubenvolls Fazit: "Wenn es mehr Pater Hermanns in der katholischen Kirche gäbe, dann wären viele auch nicht ausgetreten."
Der Abschied von P. Hermann würde der Pfarrgemeinde schwerfallen. "Ich bewundere dich, wie du auch deinen Abschied so geplant hast, dass es möglichst wenig Gelegenheiten gibt, wo du im Mittelpunkt stehst und damit es deine Nachfolger nicht unnötig schwer haben, hier Fuß zu fassen. Weil du bescheiden bist und auch jetzt, wo es dir nach 25 Jahren gebührt, gefeiert zu werden, nicht behagt, wenn sich alles um dich dreht", so Bürgermeister Erich Stubenvoll.
Zum Schluss wurden die Besucher*innen eingeladen, zum Dank und als Wertschätzung für die langjährige Arbeit, Spenden in die aufgestellten Boxen zu werfen, um damit ein von den Salvatorianern gefördertes Hilfsprojekt zu unterstützen.
Alle Fotos: Pfarre Mistelbach