P. Josef Wilfings #Inselpost Nr. 16: Zurück auf den Philippinen
Liebe Freunde und Bekannte,
es ist „kalt“ hier. Es hat während des Tages oft 25° Celsius, aber das fühlt sich wie 20° an und in der Nacht liegen die Temperaturen derzeit unter 20°. Die meisten gehen mit Jacken. Aber das ist nichts zu beklagen. Man kann sich helfen.
In Österreich gestrandet
Ich war in Österreich gestrandet, sagte man hier. „Wie haben Sie das geschafft?“, fragte die Stewardess, da sich außer mir offensichtlich nur philippinische Staatsbürger im Flugzeug befanden. Ich sagte, dass ich eine Empfehlung gehabt hätte. Es ist wie überall, jemand kennt jemanden, der jemanden kennt, und der schreibt eine Empfehlung. So auch in meinem Fall. Von der Botschaft in Wien bekam ich dann eine Liste von Bedingungen, die ich zu erfüllen hätte, inklusive gebuchtem Rückflug. Es ging nur mit Touristenvisum. Letztlich war es schwieriger, einen Platz in einem Flugzeug zu bekommen. Da blieb mir nur ein Platz in der Buisinessklasse. So vornehm war ich noch nie geflogen und werde ich vermutlich auch nicht mehr so bald fliegen. Auf dem TV-Bildschirm entschied ich mich, den Flugradar zu verfolgen. Entlang der ganzen Strecke erschienen immer wieder die Hinweise auf die nächstliegende Moschee sowie ein Pfeil, der in Richtung Mekka zeigte mit dem Hinweis auf den Beginn der nächsten Gebetszeit. Essen und Getränke waren ausgezeichnet. Nun, einmal im Leben.
Am Flughafen in Manila
Im Flughafen Manila hatte ich die um die Corona-Maßnahmen vermehrten Sicherheitschecks zu durchlaufen. Vor dem Gebäude halfen mir dann die Wächter, ein Taxi zu bekommen, das mich ins Quarantäne-Hotel bringen sollte. Am Tag vor meiner Ankunft wurde von den Behörden die Quarantänedauer von zehn auf fünf Tage verkürzt. Das Hotel war einfach aber gut.
Quarantäne-Mittagessen mit "Nebenerwerbskuchen" - links. (c) P. Josef Wilfing
Auf dem Nachbargrundstück lebten – mitten in diesem 16-Millionenkonglomerat Manila – zusammen mit einem Wächter Ziegen, Katzen, Hühner und Schweine, die sich ab vier Uhr früh bemerkbar machten. Das Essen war philippinisch: dreimal Reis mit etwas Fleisch oder Fisch, dazu ein Keks. Und ein Kanister Wasser wurde mir für diese Tage auch vor die Türe gestellt. Im Nebenerwerb bot mir einmal ein Angestellter einen speziellen Kuchen an. Am vierten Tag wurden gründlich an vier Stellen Proben für den PCR-Test abgenommen. „Wo wohnst du?“, fragte er.
„In Amadeo.“
„Das ist kalt“, sagte er. Das erfahre ich jetzt in der Nacht bei unter 20° Celsius. Am nächsten Morgen schon kam die positive Nachricht „negativ“. Ich hätte es auch kaum noch einen weiteren Tag ausgehalten: die Matratze war zu weich und der Hocker zu hart und ohne Lehne, sodass ich kaum noch sitzen oder liegen konnte. P. Adam holte mich ab. Es ging über vertraute Straßen, aber auch über inzwischen neu errichtete Schnellstraßen nach Talon. Man hat hier noch wenig Probleme mit dem Verbau von Grünland, obwohl dieses nur sehr begrenzt zur Verfügung steht. Der Empfang im Haus war herzlich mit Blumen und Chor. Danach machte ich mir nach fünf Tagen meinen ersten Espresso.
Willkommensparty
Am Abend gab es die Willkommensparty mit Grill und Musik im Freien. Es wurde auch an mein 40. Priesterjubiläum erinnert, das ich eigentlich mit allen im Juni feiern wollte. P. Hermann blickte in diesem Jahr auf 50 Jahre Priester zurück und P. Hubert auf 25 Jahre. Die Studenten hatten gerade Ferien, sodass einige die Feier bis weit nach Mitternacht ausdehnen konnten.
Musik vor der Festdekoration. (c) P. Josef Wilfing
Inzwischen haben alle im Haus die zweite Impfung erhalten. Es ist von allen als Privileg gesehen worden und war eher ein Tag der Freude, obwohl manche Impfreaktionen zeigten. Es gibt auch hier Skeptiker, aber die meisten sehen es als Privileg. Trotzdem gibt es für unsere Studenten vorläufig nur Fernstudium. Man hofft auf eine Rückkehr in den Präsenzunterricht im Januar.
Das neue Haus
Das neue Noviziat, von dem ich im letzten Brief (April 2020) erzählt habe, ist nun bezogen, obwohl noch Kleinigkeiten fehlen, was sich im Laufe des Betriebs zeigen wird. Auch der Turm mit dem Wassertank steht, der durch einen eigenen Tiefbrunnen versorgt wird. Die Firma hat noch zusätzlich eine Handpumpe installiert, falls einmal der Strom ausfallen sollte (und wurde inzwischen schon gebraucht, weil der Strom abgeschaltet war). Am 8. September wurde das Haus durch den Bischof von Imus inmitten eines Taifuns eingeweiht. Neben einigen privaten Spendern haben vor allem die Salvatorianer von Deutschland und Österreich viel für den Erwerb und die Errichtung beigetragen.
Corona auf den Philippinen
Während der ersten Phase (2020) gab es nicht nur einen verkündeten sondern auch einen hart kontrollierten Lockdown. Der Präsident hat in seiner bewährt humoristisch diktatorischen Art in einem Nebensatz auch den Gebrauch von Schusswaffen als Möglichkeit erwähnt. Das war natürlich kein direkter Schießbefehl, aber es sollte zumindest einmal gesagt sein. Die Menschen wussten dann, woran sie sich zu halten hatten.
Auf den Straßen (auch auf den vierspurigen Hauptverkehrsverbindungen) wurde kontrolliert, ob man berechtigt war, unterwegs zu sein. Für unser Haus hatte nur P. Adam die Erlaubnis, Einkäufe zu erledigen. Die großen Märkte waren geschlossen, um das Ansteckungsrisiko zu vermindern. Dafür entstanden in den Dörfern oder Siedlungen (Barangay) kleine Märkte, die das Nötigste anboten. Die Gemüsepreise stiegen inzwischen um mehr als das Vierfache. Das hat sich jetzt ein wenig entspannt.
Die Gottesdienste in den Gefängnissen waren abgesagt und erst jetzt wieder ab erstem Sonntag im Dezember möglich. Lange fanden auch keine Gottesdienste in den Kirchen und Kapellen statt.
Die Leute erlebe ich weiterhin als sehr zurückhaltend. Auch wenn man sich jetzt frei bewegen kann, ist immer noch Mundschutz in den Innenräumen vorgeschrieben. Bei einem Spaziergang fragte mich ein Mädchen aus unserer Kindergruppe, ob ich meine Gesichtsmaske mit dabei hätte. Jedenfalls kontrolliert die Polizei hin und wieder auch in den Nebenstraßen, ob man eine solche bei sich hat. Es gibt weitgehend Homeschooling auch für die Grundschulen auf den Dörfern. Viele haben zwar keinen PC aber die meisten ein Mobiltelefon, womit sie sich in den Unterricht einklinken können. Das funktioniert so lala. Der Präsenzunterricht startet jetzt mit einigen Modellschulen.
Die Hälfte der verjüngten Katzenwelt. (c) P. Josef Wilfing
Die gute Verbindung zum Dorf hat ein wenig gelitten, so scheint mir. Die Kinder und Jugendlichen können nicht ins Haus, nicht am Donnerstag zur Abendmesse, noch am Samstag oder Sonntag zum Spiel. Diese jungen helle Stimmen fehlen hier. Wir waren jetzt auch kaum zu den Sonntagsmessen in der Kirche des Dorfes. Mit den Gottesdiensten an den neun Tagen vor Weihnachten (Simbang Gabi) beginnt das wieder regelmäßig.
Guyabano - süß-sauer. (c) P. Josef Wilfing
Die Pandemie ist auch nicht ohne Auswirkungen auf uns geblieben. So hat das internationale Ausbildungsprogramm vor allem durch die Reiseeinschränkungen gelitten. Zwei Studenten warten seit mehr als einem Jahr auf ihre Rückkehr auf die Philippinen – einer in Indonesien, einer in Vietnam. Sie befanden sich zur Zeit des Ausbruchs der Pandemie in ihrem Praxisjahr, der eine in Kenia, der andere in Australien. Sie sollten in Manila am Ende dieses Jahres ihr Studium abschließen. Weiters fehlen uns zwei Jahrgänge der Englischschule und ein Jahr Philosophiestudenten. Derzeit warten auf Ost-Timor und in Sri Lanka Studenten, die jeweils durch Fernstudium von unseren Lehrern in Englisch unterrichtet wurden. Sie warten, um hier mit dem Studium beginnen zu können. Der Flug für Ende November fiel dem „Omikron-Bann“ zum Opfer. Wann es wieder möglich sein wird, weiß niemand.
Andererseits warten einige der Studenten in unserem Haus seit fünf Jahren auf ihren Heimaturlaub, der ihnen normalerweise alle drei Jahre zusteht. Aber nach einer Ausreise wäre ihnen die Rückkehr und damit eine Fortsetzung des Studiums verwehrt. Jetzt hoffen wir, dass Ende März die Reiseeinschränkungen aufgehoben werden.
Trotz aller Restriktionen konnte der Betrieb der Slumschule aufrechterhalten und jedes Jahr einige Abschlüsse erfolgreich absolviert werden. Im August gab es insgesamt 65 Abschlüsse, und jetzt am 30. November erhielten 38 ihr Abschlussdiplom, jeweils einige für die Grundschule und andere für die „Mittlere (schulische) Reife“.
Philippinen
Im Land werfen die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr ihre Schatten voraus. In der Hauptstadt beginnen die Lautsprecherwagen bereits die unvermeidbare Tortur der Bevölkerung. Erfolgversprechendste Bewerber sind derzeit der Sohn des ehemaligen Diktators Marcos und die Tochter des jetzigen Präsidenten als seine Vizepräsidentin. Marcos sagt zum Beispiel, dass er das Erbe seines Vaters wahren wolle. Gleichzeitig erwartet er, dass er nicht nach seinem Vater beurteilt werde. In den Schulbüchern sind jedenfalls die Verdienste des Diktators übermäßig präsent, während die Unterdrück nur nebenbei Erwähnung findet. Wer von den beiden dann das Sagen haben wird, ist für mich noch nicht ausgemacht.
Eines unserer zehn überladenen Papaya-Bäumchen. (c) P. Josef Wilfing
Viele in der Kirche allerdings hoffen, dass die derzeitige Vize-Präsidentin Leni Robredo die Wahlen gewinnt. Unter den vielen Kandidaten scheint sie die einzige zu sein, die sich wirklich für die Armen und einfachen Leute interessiert und der man keine Korruption vorwerfen kann. Der derzeitige Präsident hat ihr ihre politischen Agenden als Vizepräsidentin praktisch genommen, sobald sie sich in ihnen profiliert hatte, und auch ihr Budget drastisch gekürzt. Sie hat trotzdem die ihr verbliebenen Möglichkeiten genützt und ist in guter Verfassung.
Im Dorf und in der Umgebung ist inzwischen fleißig gebaut worden. Ein Weg, der vor drei Jahren im Nirgendwo endete, ist jetzt zementiert und sofort entstehen neue Häuser entlang der Straße. Im November war Guyabano-Zeit. Jetzt ist bei uns Papaya-Zeit. Unsere zehn Bäumchen tragen reichlich Frucht, sodass fast täglich etwas auf den Tisch kommt. Unsere tierische Bevölkerung hat sich verjüngt und vermehrt, nur Paula ist dieselbe geblieben.
Unser Weihnachtsstern im Garten. (c) P. Josef Wilfing
In unserem Haus ist die Stimmung trotz allem ungetrübt, auch wenn sich einige den Präsenzunterricht wünschen. Ein wenig öffentliche Frischluft täte ihnen sicher gut.
Ich wünsche euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückendes Jahr 2022 und grüße euch herzlich
P. Josef Wilfing
Talon, Amadeo, Philippinen,
13. Dezember 2021