
Forschen gegen Schweigen – 80 Jahre nach dem Tod von P. Pankratius Pfeiffer und P. Titus Helde
Bild 1: P. Pankratius Pfeiffer in Meran, 1939
Zu Recht wird in Österreich zum 80. Gedenktag des Endes des Zweiten Weltkrieges viel gesprochen, geforscht und geschrieben. Das Schlimmste in einer Demokratie ist es, dass die Menschen vergessen, sich nicht mehr erinnern, nicht mehr aus der Vergangenheit lernen, dass sie schweigen. Wir sollten dankbar sein, in der heutigen Zeit zu leben, und das Erinnern wachhalten.
Als Salvatorianer in Österreich wollen wir uns deshalb dem Gedenken widmen. Es wurde ein Erinnerungsprojekt mit den Mitarbeiter*innen vom Archiv der Provinz gestartet, geplant und durchgeführt. Damit wir ihn nicht vergessen, diesen P. Titus Helde, der sich mutig und konsequent 1945 zum Schutz seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger hinstellte und sie, wie er selbst sagte, wie ein pastoraler Löwe verteidigte. Das koste ihm aber sein Leben. Viel zu jung starb er, mit nur vierzig Jahren, und nur drei davon war er in der Pfarrseelsorge in Mistelbach tätig.
Bis heute spricht man über ihn und bewundert seinen Einsatz. Es gäbe genügend Gründe, einen Seligsprechungsprozess für ihn anzufangen. Da fehlt es aber bei den Verantwortlichen zurzeit noch an Mut und Zukunftsperspektive. Wer die Vergangenheit gut kennt, gestaltet die Zukunft noch besser, auch für kommende Mitbrüder. Dieser Satz sollte uns wieder motivieren.
In der salvatorianischen Welt denkt man dieser Tage auch an den Tod unseres ehemaligen Generalobern, P. Pankratius Pfeiffer, der 1945 in Rom den Mut und die Zukunftsperspektive besaß, sogar mitten im Zweiten Weltkrieg, den Seligsprechungsprozess unseres Gründers, P. Franziskus Jordan, zu beginnen. P. Pankratius wusste genau, dass eine Seligsprechung die salvatorianische Welt mit neuer Inspiration und Begeisterung erfüllen würde, und er wusste vermutlich auch, dass er die Seligsprechung nicht erleben würde. Die Ups-and-Downs des folgenden beinahe achtzigjährigen Seligsprechungsprozesses haben wir großteils selbst erlebt, und wir haben mit eigenen Augen gesehen, was sich nach der Seligsprechung unseres Gründers 2021 positiv entwickelt hat. Ich nenne als Beispiel die Geschehnisse in seinem eigenen Geburtsdorf Gurtweil. Die Menschen dort sind stolz auf ihren früheren Dorfbewohner und gestalten mehrere Initiativen.
Das sollte uns anstecken, wenn wir in diesen Tagen an den 80. Todestag der Patres Pankratius Pfeiffer und Titus Helde denken. Forschen hilft, das Schweigen zu überwinden. Wer weiß denn noch, dass die Salvatorianerinnen ihre bahnbrechenden, vielfältigen und pastoralen Initiativen überall auf der Welt (Menschenhandel in Österreich, Seelsorge für Transvestiten in Indien usw.), ihrer Universalität verdanken? Diese Offenheit wurde in ihren ersten Konstitutionen festgesetzt, für deren Beibehaltung sich P. Pfeiffer unermüdlich im Geiste des Gründers P. Jordans eingesetzt hat. Er hat bei den vatikanischen Behörden erreicht, dass das Ziel der Schwestern-Kongregation, wie auch bei den Salvatorianern, offen und zeitgemäß blieb und sich nicht auf eine bestimmte pastorale Aktivität einengte.
Ein Blick über die eigene Grenze, in ein benachbartes EU-Land, zeigt der salvatorianischen Welt einen weiteren Mitbruder mit dem Namen Paulus Weinschrott, der nach dem Zweiten Weltkrieg, in der kommunistischen Zeit ähnlich Großes in Rumänien, wie P. Titus Helde in Österreich, gewirkt hat und dafür im Gefängnis mit seinem Leben bezahlte. Der emeritierte Bischof von Temeswar, Martin Roos (*1942), hatte 1956 als 14-jähriger Ministrant P. Paulus noch erlebt. Als er vor kurzem eingeladen wurde, über diesen mutigen Seelsorger zu schreiben, schloss er seinen Beitrag mit dem vielsagenden Satz: „Eine Seligsprechung wäre hier längst überfällig“1.
Die Salvatorianerpatres Titus Helde, Pankratius Pfeiffer und Paulus Weinschrott bleiben Vorbilder, und die Forschung zeigt uns deutlich, dass für alle drei die Einleitung eines Seligsprechungsprozesses „längst überfällig wäre“. Dazu braucht es neuen Schwung und Forschung. Sie kämpft gegen das Schweigen und Vergessen. Forschung macht immer neugierig. Forschung bietet immer Zukunft. Reden wir darüber und überwinden wir das Schweigen.
P. Dr. Peter van Meijl SDS
Direktor des Instituts zur Erforschung Salvatorianischer Geschichte und Spiritualität
1 Kolozs/Passini/van Meijl 2023, S. 327 (Zitat von Martin Roos, em. Bischof von Temeswar)
Bildnachweis
- Philipp, Monika, Pankratius Pfeiffer, Teil 2, in Füssener Heimatzeitung, Nr. 205, Füssen, Juni 2021, S. 148
Literatur
- Kolozs, Passini, van Meijl SDS (Hrsg.), Erweckte Begeisterung. 100 Jahre österreichische Provinz der Salvatorianer (1923 – 2023), Wagner Verlag, Linz 2023; S. 327–335