
P. Josef Wilfings #Inselpost Nr. 31: Philippinischer Alltag und salvatorianisch feiern
Liebe Freunde und Bekannte,
„Wir durchleben gerade eine besonders regenreiche Regenzeit“ – so hatte ich meinen letzten Brief begonnen. Eine Regenzeit kann hier durchaus auch einmal wochenlang ohne Regen verlaufen. Dieses Mal jedoch sahen wir zehn Tage lang keine Sonne. Aus dem Osten zogen nacheinander drei Taifune vorbei. Zwischen den letzten beiden blieb kaum Zeit zum Aufatmen.
Normalerweise betreffen uns die Taifune kaum, da sie den Norden der Philippinen passieren und weiter Richtung Vietnam oder China ziehen. Diesmal aber kam gleichzeitig ein regenreicher Monsun aus dem Südwesten. Er schien von den Taifunen blockiert zu werden und entlud seine Wassermassen über den Philippinen.
Vor allem die tiefer gelegenen Regionen und Manila waren betroffen. Solange die Straßen nur knöcheltief überschwemmt sind, bleibt der Verkehr möglich. Bei kniehohem Wasser dürfen leichte Fahrzeuge nicht mehr fahren, und Straßen, die hüfthoch unter Wasser stehen, werden komplett gesperrt.
Im Internet kursierten schnell Bilder von Kindern, die sich lachend in den überfluteten Straßen vergnügten. Doch es gab auch tragische Folgen: mehrere Tote und mehr als zehntausend Menschen mussten evakuiert werden. Die Dämme, die der Wasserversorgung von Manila dienen, wurden geöffnet, um einen gefährlichen Höchststand zu vermeiden – was jedoch weitere Überschwemmungen in den tiefer gelegenen Stadtteilen auslöste.
Unsere vier Häuser sind sicher, da sie auf Anhöhen oder sanften Hängen liegen. Die Zufahrt zum Noviziat bleibt allerdings schwierig, da es dort keine befestigte Straße gibt. Schon beim Kauf des Grundstücks sagte der Barangay-Captain: „Das ist eure Straße.“ – was bedeutete: Wenn ihr eine bessere Zufahrt wollt, müsst ihr selbst dafür sorgen.
In Talon haben wir die Regenperiode gut überstanden, nur kleine Undichtigkeiten im Dach wurden sichtbar. Sie werden uns wohl noch länger begleiten.
Fr. Joselito (Pfarrer), Fr. Christoph (Slumschule), Fr. Wilson (Superior), Fr. Viony (Novizenmeister), Fr. Florencio (Sekretär) (c) P. Josef Wilfing SDS
Salvatorianische Feiern
Seit dem 16. Juni hat unsere Gemeinschaft eine neue Leitung: P. Adam, bisher interimistischer Superior, übergab die Verantwortung an P. Wilson – den ersten philippinischen Oberen unseres Vikariates. Sein Stellvertreter ist P. Vinoy aus Indien, Novizenmeister. Weitere Mitglieder der Konsulta sind P. Hoselito (Pfarrer unserer Pfarre), P. Christopher (Leiter der Slumschule) und P. Florencio (Superior der Englischstudenten).
Ich wurde erneut gebeten, die Aufgabe des Ökonomen zu übernehmen und zusätzlich als Spiritual für das Haus in Talon zu wirken. Zwei Sonntage pro Monat helfe ich weiterhin in der Pfarre Tanza aus, wo mir die Menschen mittlerweile sehr vertraut sind.
Die großen Festtage unseres Vikariats sind der 20. und 21. Juli. An diesen Tagen werden neue Kandidaten ins Noviziat aufgenommen und die Novizen legen ihre erste Profess ab. In diesem Jahr beginnen elf Novizen ihre Ausbildung: acht aus Vietnam, zwei aus Sri Lanka und einer aus Nigeria.
Vierzehn Novizen legten ihre erste Profess ab – vier aus Osttimor, vier aus Madagaskar, drei aus Indien und je einer aus Vietnam, den Philippinen und den USA. Viele Profess-Erneuerungen fanden dieses Jahr in den Heimatländern der Mitbrüder statt: drei in Sri Lanka, drei in China, drei hier bei uns und elf in Vietnam. Drei Mitbrüder legten ihre ewige Profess ab – je einer von den Philippinen und aus Indonesien, der vietnamesische Mitbruder tat dies in seiner Heimat.
Gleichzeitig bereiten wir uns auf eine Priesterweihe für Osttimor und drei Diakonenweihen (Vietnam, Indonesien, Philippinen) vor, die am 10. September gefeiert werden.
Leben in Talon
Nach meinem Urlaub kehrte ich nach Talon zurück, wo auch die Studenten nach und nach aus den Ferien heimkamen. Den Geburtstag unseres Gründers P. Jordan feierten wir am 16. Juni mit einigen Gästen im Haus. Das Studienjahr beginnt wieder im Juni, sodass die Ferien in die heißesten Monate April und Mai fallen.
Derzeit leben 27 Studenten hier – genauso viele wie in meinem ersten Jahr. Wir haben uns langsam von der Pandemie erholt. Bis zum 21. Juli wohnten auch die zukünftigen Novizen bei uns, bis sie ihre Profess abgelegt hatten und in ihre Bestimmungsorte zogen. Die meisten gingen ins Theologenhaus nach New Manila, die vier Mitbrüder aus Madagaskar setzen ihr Studium in Tansania fort.
Unser Haus war damit voll belegt, rund 40 junge Männer mussten täglich versorgt werden. Trotz der Enge blieb die Stimmung friedlich und brüderlich.
Trauer um eine Wegbegleiterin
Wir mussten den Tod einer unserer Helferinnen für die Kindergruppe beklagen. In der Kapelle bedankten sich einige der Kinder und Jugendlichen mit bewegenden Worten und begleiteten den Sarg bis zum Grab. Für manche ist ihr Tod schwer zu verkraften, denn sie war für sie eine Art Mutter – etwas, das vielen Kindern hier fehlt. Oft arbeiten Mutter oder Vater (oder beide) im Ausland und sind jahrelang von der Familie getrennt.
Philippinischer Alltag – Essen
Viele Freunde baten mich, einmal über das Essen zu schreiben:
Bei jeder Mahlzeit steht Reis auf dem Tisch. Die Sprache kennt zwei Wörter dafür: bigas (ungekochter Reis) und kain (gekochter Reis). Kain bedeutet zugleich „Essen“ und steht sogar im Vaterunser: „Unser tägliches Brot gib uns heute“ heißt hier „unser tägliches Essen gib uns heute“.
Fehlt der Reis, heißt es: „Gibt es nichts zu essen?“ Einmal pro Woche gibt es Nudeln – oft süßlich gewürzt. Auch zum Frühstück gibt es Reis, daneben für die Ausländer Toastbrot. Das Frühstück folgt einem Wochenplan: Rührei, hart gekochte Eier, Dosenfisch (meist mit Gemüse verfeinert), Kanton-Nudeln – selbstverständlich mit Reis –, manchmal gebratene Würstchen oder Dosenfleisch.
Am Sonntag gibt es kein Frühstücksservice. Nach der Messe stehen Pandesal (Brötchen, leicht süßlich trotz des Namens „salziges Brot“) mit Aufstrichen bereit. Kaffee gibt es in der landestypischen „3-in-1“-Mischung, ich selbst gönne mir den Luxus eines Espressos aus meiner Alessi-Maschine.
Flores di Mayo
Viele Pfarren veranstalten einen Umzug, in dem Mädchen mit schönen Kostümen (ausgeborgt) durch den Barangay ziehen. Jedes trägt ein Band mit einem der Anrufungen aus der Lauretanischen Litanei (Marienlitanei). Der Umzug dauert sicher zwei Stunden. Die Kinder erhalten zwischendurch eine Stärkung, entweder durch einen Begleiter (eine Begleiterin) oder von einem der Häuser an der Straße.
Pfarre Tanza
Auch in der Pfarre Tanza helfe ich weiterhin aus. Die neue Pfarrkirche wächst langsam, aber stetig. Die alte Kapelle blieb bestehen, bis das Kirchendach fertig war, dann wurde sie abgetragen. Noch immer wird am Ende jeder Messe für die weitere Ausstattung gesammelt.
Die Pfarre hat rund 70.000 Gläubige, einen Pfarrer, aber keinen Kaplan. Neben der Pfarrkirche gibt es 14 weitere Gottesdienststätten – eine davon mitten auf der Müllhalde.
Puso sa Puso
Am 17. Juli endete das Schuljahr unserer Slumschule Puso sa Puso. Von ursprünglich 250 eingeschriebenen Schüler:innen schlossen 49 das Jahr erfolgreich ab. Viele müssen das Studium abbrechen, weil sie neben der Arbeit die Zeit nicht aufbringen können oder sich um ihre Familie kümmern müssen.
Besonders berührend: In diesem Jahr ist eine 58-jährige Frau unter den Lernenden. Nachdem drei ihrer Kinder hier ihren Abschluss gemacht hatten, wollte sie selbst die Grundschule nachholen – eine Form der Selbstbestätigung.
Politische Lage
Die Spannungen zwischen China und den Philippinen dauern an. Immer mehr chinesische Schiffe sind in der Westphilippinischen See präsent. China beansprucht weiterhin fast das gesamte Gebiet bis nahe an die philippinische Küste – entgegen dem Spruch des Internationalen Seegerichtshofs. Philippinische Fischer können den Wasserwerfern der chinesischen Küstenwache kaum standhalten, Boote werden zerstört, Menschenleben gehen verloren.
Zuletzt verfolgten zwei chinesische Schiffe ein Boot der philippinischen Küstenwache und kollidierten miteinander – woraufhin China die Philippinen verantwortlich machte. Unterdessen versucht auch Vietnam, seinen Einflussbereich auszudehnen.
Innenpolitisch steht Vizepräsidentin Sara Duterte vor einem Amtsenthebungsverfahren, weil ihr missbräuchliche Verwendung von Geldern vorgeworfen wird. Die einst beschworene „Unity“ zwischen Präsident Marcos und Duterte scheint nach einem Jahr bereits brüchig.
Ich wünsche euch allen Glück und Segen. Bleibt gesund und zuversichtlich!
P. Josef
Talon, Amadeo, Philippinen
zum 4. September 2025
PS: Mein Konto bei der Oberbank wurde geschlossen. Bitte keine Überweisungen mehr dorthin tätigen. Ein neues Konto kann ich erst während meines nächsten Heimaturlaubs 2027 eröffnen – sofern eine Bank mein Anliegen akzeptiert. Vielen Dank an alle, die das bisherige Konto genutzt haben.