
Papst Leo XIII. und der Selige P. Franziskus Jordan
Seit einigen Monaten haben wir wieder einen neuen Papst, Leo XIV., der sich an Papst Leo XIII. orientiert. So wie sich dieser Papst den damaligen Erneuerungen in der Gesellschaft stellte, so will Papst Leo XIV. sich auch den neuen Herausforderungen dieser Zeit stellen, z. B. den digitalen. Es war während der Amtszeit Papst Leo XIII., dass die Salvatorianer und Salvatorianerinnen ins Leben gerufen wurden. Hier eine kurze Geschichte.
Der 29-jährige Johann Baptist Jordan aus Gurtweil war erst einige Monate im Priesterseminar in Sankt Peter bei Freiburg, als im Februar 1878 ein neuer Papst gewählt wurde, der den Namen Leo XIII. wählte. Für Jordan knüpfte sich an seine Person ähnliche Erwartungen, wie sie die heutige Welt in den letzten Wochen gehabt hat. Natürlich hatte er kein Handy, auf dem der weiße Rauch zu sehen war, aber sein Liturgieprofessor Dr. Josef Litschgi (1833-1906) hat den Studenten ausführlich über die neue Papstwahl erzählt. Jordan wollte am liebsten persönlich mit diesem Mann zusammentreffen, um über seine Vorstellungen zur Lösung der Probleme zu sprechen, die in Deutschland wegen des Kulturkampfes entstanden waren. Besonders lagen die Gedanken, die sich Jordan über Weltmission machte, auf der gleichen Linie wie die von Leo XIII.
Am 2. Dezember 1878, dem Tag seines Studienbeginns in Rom, notierte Jordan ein Ereignis in sein Geistliches Tagebuch, das für ihn von großer Bedeutung war. Er durfte an einer Audienz des nur zehn Monate zuvor (20. Februar 1878) im Alter von 68 Jahren gewählten Papstes Leo XIII. teilnehmen. Dieser sollte mehr als 25 Jahre das Oberhirtenamt innehaben. Als wichtigste Aufgabe seines Pontifikats betrachtete er dabei die Versöhnung der geistlichen und politischen Kräfte in Europa. Unter dem Pontifikat dieses Papstes sollte schließlich auch die Gründung Jordans beginnen und aufblühen.
In sein Geistliches Tagebuch notierte Jordan: „Heute war ich im Vatikan bei Seiner Heiligkeit Papst Leo XIII. Er selbst segnete das Kreuz ausdrücklich und gewährte einen vollkommenen Ablass für die Todesstunde; desgleichen segnete er die Statue des heiligen Petrus und gewährte 50 Tage Ablass. Rom, am 2. Dezember 1878." (GT, 1, l 50f)
Bemerkenswert ist, dass Jordan den Papst um die Segnung einer Statue des Heiligen Petrus bat. Dies ist ein frühes Indiz für Pater Jordans lebenslange Verehrung des heiligen Petrus und seiner Nachfolger. Später schenkte er die kleine Figur seiner Heimatkirche in Gurtweil. Im Juni 1925 notierte der Gurtweiler Pfarrer August Siebold: „In der Kirche ist noch ein Andenken von ihm aus Rom; eine kleine Sankt-Petrus-Statue. Bei einem Sakristeibrand blieb sie trotz des starken Feuers erhalten.“ (Zeugnis von Pfarrer August Siebold in APS, G 18.1., Nr. 86, S. 43)
Zweimal im Jahr 1879 konnte Johann Baptist den neuen Papst Leo XIII. im Vatikan treffen. Das erste Mal am Samstag, 22. Februar bei einem internationalen Treffen der katholischen Redakteure aus aller Welt. Über diese Audienz und über Jordan selbst hatte Kaplan Friedrich Werber aus Waldshut in seinem Buch Ein Ultramontaner jenseits der Berge. Rom-Reise zur Journalistenaudienz bei Papst Leo XIII., Radolfzell, 1879 ausführlich und spannend berichtet (S. 89-91 und S. 246-252). Kaum eine Woche später, nämlich am Sonntag, 2. März, nahm Jordan an einer weiteren Audienz des Heiligen Vaters teil. Er notierte: „Am 2. März 1879 mit den Vertretern der Mitglieder der Erzbruderschaft des heiligen Petrus von unserem Herrn Leo XIJI. zur Audienz zugelassen“. (GT, 1, 154)
Nach Jordans Rückkehr aus dem Heiligen Land im Jahr 1880 wurde er mittels guter Freunde und Förderer zu einer Privataudienz bei Papst Leo XIII. am Montag, 6. September 1880 zugelassen, „in der seine Heiligkeit über das Unternehmen mit mir sprach und seinen Segen erteilte“ (Jordan im Notizbuch über das Heilige Land, Ms. S. 36). Danach kritzelte er ganz an den unteren Seitenrand seines Geistlichen Tagebuches, dort wo noch Platz war: „Am 6. September 1880 war ich allein in Privataudienz bei Seiner Heiligkeit Papst Leo XIII. wegen der zu gründenden Gesellschaft.“ Nicht zu übersehen ist in der Notiz das Wort solus (allein). Diese Privataudienz erscheint noch bemerkenswerter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass dieser Papst Privataudienzen nicht gerade mochte.
Anmerkung: Diese Geschichte erschien ursprünglich im "Familienrundbrief Nr. 13" vom Juni 2025 – ein Heft, das ich damals im Urlaubstrubel übersehen hatte. Nun ist es mir wieder in die Hände gefallen, und ich finde: Diese Erzählung (und eine weitere, die bald folgt) verdient es, auch jenseits des salvatorianischen Familienzirkels gelesen zu werden. Robert Sonnleitner