
P. Josef Wilfings #Inselpost Nr. 29: Simbang Gabi
Liebe Freunde und Bekannte,
das Jahr neigt sich dem Ende entgegen … auf diese Weise wollte ich noch letztes Jahr den Brief beginnen. Inzwischen hat sich das Jahr geneigt und mit den ersten Katastrophen beginnt es auch schon zu altern. Lasst uns etwas Platz für Hoffnung offenhalten. Während der Dankmesse zum Jahresschluss wurde vom Organisten leise das Lied „Stille Nacht …“ intoniert, während von draußen der Lärm der auf- und abfahrenden Motorräder hereindrang. Der Lärm bestimmte den Tag von Mittag bis vier Uhr morgens. Mir kam in Bezug auf Weihnachten der Bibelvers in den Sinn: „Als tiefes Schweigen das All umfing / und die Nacht in ihrem Lauf bis zur Mitte gelangt war, da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel, vom königlichen Thron herab …“ (Weis 18:14f). Und ich fragte mich: Wer springt von irgendwo herab, als der Lärm die Nacht umfing?
Was ist seit dem letzten Mal geschehen? P. Hubert kam vom Generalkapitel und Urlaub zurück und übersiedelte nach meiner Jubiläumsfeier für einen Monat ins Noviziat, um den Novizenmeister zu vertreten. Inzwischen kam P. Dominic aus Vietnam, um hier ein weiterführendes Studium zu beginnen. Da aber alle Kurse schon begonnen hatten, wird er für ein Jahr ein Mitglied unserer Hausgemeinschaft sein. Er hat viel Erfahrung mit praktischen Dingen und wird sich vor allem um den Garten und die Reparaturen im Haus kümmern. Die Vietnamesen haben viel Geschick mit Pflanzen und Gemüse. Da lag in den letzten beiden Jahren einiges brach. Einen Teil der anfallenden Reparaturen im Haus wird er selbst durchführen. Ende November kam schließlich P. Wilson. Er ist der erste philippinische Salvatorianer. Er wird als neuer Superior dienen. Bis Juni werden wir das Leitungsteam im Haus bilden.
Hubert nach der Abschiedsmesse mit den Mitarbeitern der Slumschule, drei Freiwilligen, zwei davon aus Österreich und Br. Jeremias (noch nicht Diakon). (c) P. Josef Wilfing SDS
Hubert selbst hatte für sich keine Abschiedsfeier geplant, doch er war innerlich auf einiges vorbereitet. Die Kirchengemeinde hatte sich von selbst für die Donnerstagabendmesse angesagt. „Er hat unsere Kirche gebaut“, da können wir ihn nicht so einfach gehen lassen. Er verwaltete tatsächlich das Geld, das zum Großteil von der Pfarre „Christus, Hoffnung der Welt“ in Wien kam, als P. Albert dort Pfarrer war. Die Leute brachten natürlich Essen mit, sodass nach der Messe alle Teilnehmer, die Jugend eingeschlossen, zum Abendessen eingeladen waren. Am folgenden Tag hat sich die Jugend für alle Unterstützung bedankt und Abschied genommen. Der Abschied von den Salvatorianern erfolgte am Sonntag zusammen mit der Amtsübergabe an die neue Leitung. P. Adam ist neuer (alter) Superior des Vikariates, P. Wilson ist Superior in Talon. Mich hat man in die Konsulta aufgenommen. Nach der nächsten Wahl sollte einer der jungen Philippinos meinen Platz einnehmen.
Verschiedentlich wurde ich gefragt, ob mich die Taifune auch betroffen hätten. In Bezug auf die Taifune liegen wir in einer günstigen Region. Diese kommen vom Pazifik und sind am gefährlichsten, wenn sie auf Land treffen. Unser Haus liegt näher zur Westküste, da befinden wir uns meist an den Randzonen der Taifune, die sich mit stärkerem Regen und Wind auswirken. Allein der Taifun Katarin hat sich so langsam die Ostküste entlang nach Norden bewegt, dass durch die geringe Geschwindigkeit überall vermehrt Regen fiel. Das hat dann auch uns betroffen, insofern Wasser durch undichte Stellen im Dach eindrang und dass einige Bananenstauden gefällt wurden.
Die Ursulinen, drei Kilometer von uns entfernt, waren von einer Überflutung betroffen. Die Straße vor ihrem Haus hat sich in eine braune, strömende Brühe verwandelt, auf der sich Jugendliche treiben ließen, während das Wasser durch die Gitter im Tor eindrang und wie ein Wasserfall über die Stiegen des tiefer liegenden Gebäudes flutete. Es stand bis zu einem halben Meter unter Wasser. Das kostete viel Arbeit, um das alles wieder in Ordnung zu bringen.
„Fest des Glaubens“
Die Kinder und Jugendlichen vor der "Allerheiligenparade" (c) P. Josef Wilfing SDS
Im September hatte sich eine Gruppe von ehemaligen Jugendlichen zusammengefunden, um unsere Arbeit zu unterstützen. Ihre erste Aktivität war ein „Glaubensfest“ für unsere Jugend- und Kindergruppen. Am Samstagabend waren letztendlich etwa 80 junge Leute versammelt. Das Programm: Messe, Glaubensunterweisung, Verhalten in unserem Haus, Spiele, Lagerfeuer und Putzen. Uns blieb hauptsächlich die Präsenz, während alles andere von der Gruppe organisiert war.
Diakonenweihe
Am 18. Dezember wurde Br. Jeremias von Ost-Timor von Bischof Carol SDS (von Polen, in Australien) in New Manila zum Diakon geweiht. Bischof Carol war derjenige von Australien, der als erster nach Ost-Timor kam und dort Jeremias entdeckt hatte. Jetzt durfte er die Diakonenweihe vornehmen. Jeremias ist der zweite aus Ost-Timor, der zum Diakon geweiht wurde. P. Gabriel da Costa war der erste. Er ist dabei, seine Studien in Rom abzuschließen und soll nächstes Jahr in Temeswar eingesetzt werden. Br. Jeremias wird seinen Dienst auf den Philippinen leisten, zuerst in unserer Pfarre. Von den Philippinen aus – allerdings vor meiner Zeit – wurden die Gründungen in mehreren Ländern vorbereitet: Vietnam, das bereits ein eigenes Vikariat ist; China, wo die Entwicklung wegen der politischen Situation nur langsam vor sich geht; Sri Lanka, entwickelt sich langsam aber stetig; Indonesien, von wo wir derzeit einen Priester und zwei Studenten haben; schließlich Ost-Timor, von wo mehr als zehn in Ausbildung sind. Von den vielen Philippinos, die die Ausbildung begonnen haben, hat uns der Großteil wieder verlassen – sehr oft aus familiären Gründen, wenn für die Eltern gesorgt werden musste, und manches Mal knapp vor der ewigen Profess. Derzeit sind sechs philippinische Salvatorianer zum Priester geweiht. Neun sind in Ausbildung.
Simbang Gabi – die Messen am frühen Morgen in den neun Tagen vor Weihnachten
Nach jeder Messe: Fotoshooting. Hier eine ganz spezielle Begrüßung. (c) P. Josef Wilfing SDS
Während P. Wilson für unsere Pfarre angefragt war, kam an mich eine Einladung, um in der Pfarre Tanza zu helfen. Die Pfarre hat etwa 100.000 Bewohner, von denen vermutlich 80.000 Katholiken sind. Die Pfarre ist jung. Die Kirche ist benutzbar, aber noch nicht fertig. Daneben gibt es 16 Seelsorgestellen in den Barangays und den Subdivisions. In einigen gibt es Kapellen oder man feiert auf einem überdachten Basketballplatz. Die Pfarre ist nach Basisgemeinden organisiert. Der Pfarrer ist allein und trifft sich monatlich mit den meist freiwilligen Mitarbeitern. In diesen Tagen waren wir drei Priester und zwei Theologiestudenten, auf die die Feiern verteilt wurden. Für mich war es eine besondere Erfahrung. Um 4 Uhr morgens kamen zur ersten Messe in der Pfarrkirche mehr als 200, vielleicht waren es auch 300, am dann Abend 500–600 Menschen. In den Kapellen trafen sich etwa 100–200, je nach Größe der Gemeinde. Die „Missa di Gallo“ wurde ursprünglich nur am Morgen beim Hahnenschrei, wird jetzt aber wegen der großen Nachfrage auch am Vorabend gefeiert. Die Ursulinen hatten meine Predigt auf Tagalog übersetzt, was ich dann vorgelesen habe. Und wie manche Rückmeldungen sagten, war es verständlich. Die Leute waren sehr freundlich zu mir, besonders die Jugendlichen und die Kinder. Man sagt, dass der Messbesuch nach dieser intensiven Zeit wieder etwas zurückgeht. Er soll in der Diözese Imus bei etwa 20 % liegen, vielleicht auch bei weniger. An meinen dienstfreien Sonntagen werde ich in Zukunft öfter in Tanza helfen.
Carolling
Die Jugendgruppen waren in den neun Tagen vor Weihnachten eifrig zum Weihnachtssingen unterwegs. Neben der Freude der gemeinsamen Aktivität gibt es dafür etwas Geld in die Gruppenkasse. Dieses Geld wird für Aktivitäten der Gruppe verwendet. Die Jugendgruppe von Talon hat unter anderem einen Besuch in einem Haus für elternlose Kinder organisiert. Man hat ein Essen vorbereitet, Geschenke für die Sieger der Spiele und für jedes der acht Mädchen ein persönliches Weihnachtsgeschenk gegeben. Was mich am meisten beeindruckt hat, wie sich unsere Jugendlichen mit den Mädchen in den Gruppenspielen gemischt haben, sodass es ein gemeinsamer Nachmittag wurde und keine Präsentation für „arme Kinder“. Die Kinder und Jugendlichen haben sich nur schwer, aber doch fröhlich von den Unseren verabschiedet.
Unsere Gruppe mit den Kindern und Jugendlichen zum Abschluss schon durchgemischt. (c) P. Josef Wilfing SDS
„Eine Zeit zu feiern …“
Von Weihnachten bis Neujahr verging fast kein Tag, an dem nicht eine Gruppe etwas feiern wollte, die einen vom Ertrag ihres Singens, die Salvatorianischen Laien luden zu einem Nachmittag mit Spiel und Unterhaltung ein (28. 12.), wozu auch wieder die Novizen im Haus waren. Das Finale war der lärmreiche Silvesterabend mit gutem Gegrilltem. Auch wenn es kalt ist, hat es hier noch etwa 20° und die Menschen gehen mit Jacken. Zu diesen Feiern gehört auch, dass die Studenten des ersten Jahres am 29. Dezember als Kandidaten aufgenommen wurden.
Die Weihnachtslandschaft der Vietnamesen -im Bild etwas unübersichtlich, mit Schneemann und Rentieren, li. vorne. (c) P. Josef Wilfing SDS
Philippinen
Politisch scheint sich das Wahlbündnis von Duterte und Marcos aufzulösen. Der Vizepräsidentin Sarah droht ein Amtsenthebungsverfahren. Ich weiß nicht, wie weit das politisch motiviert ist. Die Duterte-Familie hat nicht nur Freunde. Jetzt, da sie nicht mehr ganz oben in der Machtpyramide stehen, werden sie auch angreifbar. Der Präsident Marcos unterstützt das Verfahren nicht – zumindest nicht öffentlich.
Die Weihnachtslandschaft - worum es eigentlich geht. (c) P. Josef Wilfing SDS
Die Armen bleiben weiter arm, und wenn ein Spitalaufenthalt nötig ist, kann man nur sagen: Ein Spitalaufenthalt droht. Man wird zwar behandelt, aber erst dann entlassen, wenn die Kosten beglichen sind. Jeder weitere Tag trägt aber zur Erhöhung der Kosten bei. Ein privates Krankenhaus wie jenes der Schulbrüder können sich nur gut Verdienende leisten, trotzdem drängen sich die Leute auch dort. Wir hatten in diesem Jahr vermehrten Bedarf an Krankenhausaufenthalten.
Die Spannungen mit China um das südchinesische Meer oder die westphilippinische See werden durch die Präsenz von Schiffen der chinesischen Küstenwache aufrechterhalten. Die diplomatischen Vertreter von China sagen, dass alles nach dem Gesetz vor sich geht. Niemand aber sagt nach welchem Gesetz. Nach internationalem Recht wäre es die ausschließliche ökonomische Zone der Philippinen. Die Diplomaten beider Länder treffen sich demnächst in Xiamen, um das Problem zu lösen, oder sie treffen sich doch nur zu diplomatischem Gerede. Wie P. Dominic sagte, hätte China zwei Inseln nahe der vietnamesischen Küste, die immer zu Vietnam gehörten, besetzt und dort inzwischen auch einen Militärflughafen gebaut. Die anfänglichen Proteste im Land sind verstummt.
In allem, was ich erzählt habe, habe ich sicher etwas vergessen zu erwähnen. Der Abstand war einfach zu groß.
Ich wünsche euch viel Glück und Segen im neuen Jahr. Bleibt gesund und zuversichtlich!
P. Josef
Talon, Amadeo, Philippinen,
zum 24. Januar 2025